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Teilentladungsmessung an Schaltanlagen: Qualitätssicherung und Fehlerprävention
TE-Messung an Schaltanlagen – Vorteile und Anwendungsbereiche
In unserem letzten Newsletter haben wir die Teilentladungsmessung an Transformatoren thematisiert (siehe Beitrag “Akustische TE-Messung im Betrieb”). Nun möchten wir uns mit der Anwendung dieser Messung an Schaltanlagen beschäftigen. Laut der Norm IEC 62271-1 sind Teilentladungsmessungen bei Schaltanlagen grundsätzlich nicht verpflichtend vorgeschrieben. Ebenso erfordert die IEC 62271-200 für Schaltanlagen im Spannungsbereich von 1 bis 52 kV keine verpflichtenden Prüfungen dieser Art.
Dennoch hebt die Norm die Vorteile der Teilentladungsmessung hervor: Sie dient beispielsweise als allgemeine Qualitätskontrolle, insbesondere nach der Errichtung vor Ort. Darüber hinaus ermöglicht sie die frühzeitige Erkennung von Material- und Fertigungsfehlern, insbesondere in Isoliermaterialien.
In unserem Beitrag beleuchten wir die Möglichkeiten und den Mehrwert, den diese Prüfungen für den zuverlässigen Betrieb von Schaltanlagen bieten.
Messungen bei Inbetriebnahme
Ein wichtiger Aspekt bei dieser Prüfung ist das Abklemmen der Spannungswandler. Dies ist notwendig, um eine Kernsättigung bei den hohen Prüfspannungen zu vermeiden. Alternativ bietet sich bei Inbetriebnahme vor Ort die Verwendung einer höheren Frequenz an. Diese Methode verhindert nicht nur die Kernsättigung, sondern reduziert gleichzeitig kapazitive Verluste, was die Messung effizienter und präziser macht.
Eine Teilentladungsmessung ergänzt die Qualitätssicherung ideal und bietet eine Möglichkeit, Fehler aufzudecken, die während der Montage entstanden sein könnten. Besonders kleinere Fehler, wie beispielsweise Metallpartikel in gasgefüllten Anlagenteilen (siehe Abbildung 1), zeigen oft erst nach längerer Betriebszeit ihre problematischen Auswirkungen.
Im Gegensatz zur Stehwechselspannungsprüfung wird bei der Teilentladungsmessung mit deutlich geringeren Prüfspannungen gearbeitet. Der Spannungsverlauf (siehe Diagramm) zeigt dabei ein Vorbelasten der Isolation bei 1,8 x Unenn sowie die eigentliche Messung bei 1,1 x Unenn. Charakteristische Muster, die während der Messung entstehen, ermöglichen die Identifikation und Zuordnung verschiedener Teilentladungsquellen.
Durch den Einsatz von Resonanzprüfanlagen mit erhöhter Prüffrequenz kann die benötigte elektrische Leistung für die Messung deutlich reduziert werden. Dies erlaubt gleichzeitig die effiziente Prüfung mehrerer Felder, was insbesondere bei umfangreichen Anlagen von Vorteil ist.
Zustandsbewertung und Störungsdiagnose
Neben der Prüfung im Rahmen einer Inbetriebnahme kann es auch sinnvoll sein eine Teilentladungsmessung zur Zustandsbewertung oder Diagnose nach einer Störung durchzuführen.
Dieses Verfahren ermöglicht eine Analyse des Zustands der Isolationsmaterialien. So können beispielsweise Feuchtigkeitseinlagerungen in Isolationsmaterialien wie Stützisolatoren aufgedeckt werden, die über einen längeren Betriebszeitraum in feuchter Umgebung entstehen können. Durch die frühzeitige Erkennung solcher Schwachstellen lässt sich die Betriebssicherheit erhöhen und teure Ausfälle vermeiden.
Die Abbildung 3 zeigt eindrucksvoll, wie selbst kleinste Verunreinigungen, wie eine Mücke an einem Schaltkontakt in einer luftisolierten Mittelspannungsschaltanlage, zu lokalen Entladungen führen können. Der betroffene Kunde berichtete im Vorfeld der Untersuchung von auffälligem Knistern und einem intensiven Ozongeruch.
Um derartige Symptome effektiv zu analysieren und ihre Ursachen zu lokalisieren, eignet sich sehr gut eine TE-Messung insbesondere, wenn die Anlage nicht so übersichtlich ist, wie diese luftisolierte Anlage hier.
Was sind Teilentladungen?
Teilentladungen sind in der IEC 60270 als lokale elektrische Entladungen definiert, welche die Isolation zwischen Leitern nur teilweise überbrücken. Mit der Zeit kann dadurch die Isolierung irreversibel geschädigt werden, bis es zu einem vollständigen Versagen der Isolation kommt.
Von der Fertigung bis zum Ende der Lebensdauer einer Schaltanlage können verschiedene Ursachen Teilentladungen hervorrufen:
- Lokal erhöhte elektrische Feldstärken durch Konstruktionsfehler oder Überbelastung
- Hohlräume oder Blasen in Isolationsmaterialien wie Stützern oder Schrumpfschläuchen, verursacht durch Fertigungsprozesse oder Überhitzung
- Allgemeins Defekte im Isolationsmaterial, beispielsweise durch Verschmutzungen oder eingeschlossene Partikel
- Mechanische Belastungen wie Vibrationen oder Abrieb durch Schalthandlungen
Solche Probleme können im Laufe der Zeit durch das Auftreten von Teilentladungen zu schwerwiegenden Isolationsfehlern führen. Mit Hilfe von Spannungsprüfungen und gezielten Teilentladungsmessungen lassen sich diese Schwachstellen frühzeitig identifizieren und beheben, bevor sie größere Schäden verursachen.
Sie haben Fragen zu diesem Beitrag oder möchten gerne weitere Informationen zu dem Thema der Teilentladungsmessung an Schaltanlagen wissen? Gerne können Sie mich kontaktieren!
Philip Wischtukat
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